Soeben haben wir auf VLB die Ankündigung zu Helmut Jägers dritten Krimi eingestellt. Ein guter Anlass, im Gespräch den Schriftsteller und das neue Buch vorzustellen:

Er ist Autor aus Leidenschaft und fest mit seiner derzeitigen Heimat, Oberschwaben, verbunden. Helmut Jäger, Jahrgang 1951, geboren in Amerang/Kreis Rosenheim ist gelernter Buchhändler. In den Siebziger- und Achtzigerjahren war er Teil des Münchner Poetenstammtisches und ist Mitglied in der Autorenvereinigungen Syndikat. Seine erste Veröffentlichung »Das Grab an der Schussen« erschien 2019 beim Emons-Verlag. Buch Nummer zwei „Den Tod geerbt“ erschien 2022 bei Sparkys Edition. Nun steht Jäger kurz vor Veröffentlichung seines dritten Werkes bei selbigem Verlag, mit dem Titel „Faule Äpfel“. Es soll seine Premiere auf der Frankfurter Buchmesse erleben.

Lieber Helmut Jäger, nun ist Ihr zweiter Roman ein Jahr auf dem Markt. Bis heute haben Sie zahlreiche Lesungen gehalten. Es gab auch Berichte in den verschiedensten Medien. Selbst auf den Buchmessen in Leipzig und Frankfurt waren Sie präsent. Die Bewertungen der Bücher in den sozialen Medien sind beachtlich. Wie fühlt sich das an?

Sehr gut. Der Spaß am Schreiben muss immer gegeben sein und es motiviert, wenn man als Autor auf diese Weise ein wenig Öffentlichkeit findet. Vor allem, wenn man sieht, wie viele hunderte, eher tausende Autoren um die Aufmerksamkeit der Leser buhlen. Und doch sind es im Verhältnis nur wenige und in meinem Genre, dem Kriminalroman, häufig dieselben, die mit dem Bestseller-Label auf dem Cover auf den Büchertischen der Buchhandlungen landen. Immerhin, ein wenig Aufmerksamkeit habe ich bekommen. Als Autor eines jungen, unabhängigen Verlags, mit dem zusammen man sich unter dem Wahrnehmungsradar des Literaturbetriebs, der Presse und des permanent unter wirtschaftlichem unter Druck stehenden Buchhandels bewegt, ist es eine Herausforderung, dabei zu bleiben.

Und Sie stellen sich dieser Herausforderung?

Natürlich. Wenn man Bücher schreibt, muss man es schaffen, an sich und das, was man schreibt, zu glauben. Ein kleiner Verlag, der im Wettbewerb mit der Vermarktungspower der großen Verlagshäuser steht, muss bereit und in der Lage sein, Autoren, die nicht automatisch hohe Verkaufszahlen garantieren, zu fördern. Er investiert für seine Verhältnisse beträchtlich, bis ein Buch im Regal der Buchhandlungen steht oder bei Amazon gelistet ist, dann ist es aber noch nicht verkauft. Somit ist es ein gutes Gefühl, wenn man weiß, dass man mit seinen Geschichten angenommen wird. Da freuen sich beide – der Autor und der Verleger.
(Abb.: Der Autor Helmut Jäger)

Sie leben seit über dreißig Jahren in der Nähe von Ravensburg. Ist Oberschwaben ein gutes Pflaster für Krimis und für Autoren?

Ich glaube, dass man aus jeder Region Stoff für einen Kriminalroman schöpfen kann. Mittlerweile gibt es kaum mehr einen Landstrich in Deutschland und darüber hinaus, der nicht literarisch kriminalisiert wird. Auch Oberschwaben bietet genug Schauplätze und Kulissen für einen Kriminalroman. Man muss nur ein Gespür dafür haben, wo man sie findet und wie man sie in die Geschichten einbindet. Gerade das Spannungsfeld zwischen der regionalen Beschaulichkeit auf der einen, und Mord und Totschlag auf der anderen, machen das Erfinden von Kriminalgeschichten so reizvoll. Hier kommt der Krimiautor in mir ins Spiel. Es braucht schon ein wenig morbide Fantasie, Menschen unter Umständen ums Leben zu kommen lassen, wie man es sich im echten Leben nicht vorstellen kann und will. Aber ich kann Sie beruhigen, alle, die ich ins Jenseits schicke, sterben nur einen fiktiven, aber durchaus dramatischen Krimitod.

Der Bodensee, von Kressbronn aus gesehen.

Sehen Sie sich als Autor von Regionalkrimis?

Genau betrachtet, nein. Es liegt mir nicht, vom Anfang bis zum Ende der Geschichte das Lokalkolorit zu bedienen. Das engt mich beim Schreiben und die Geschichten, die ich mir ausdenke, zu sehr ein. Sie drängen nach draußen. Das Verbrechen macht bei mir an der Stadt-, Kreis- oder Dialektgrenze nicht halt.
(Abb.: Der Bodensee, Oberschwaben im Zentrum der Geschichten. Aber nicht nur).

Dazu verlasse ich in meinen Romanen die Region immer wieder für einige Kapitel. Aus Gründen der Dramaturgie, zur Abwechslung und weil meine Hauptfiguren, der detektivische Ermittler und seine Partnerin zum Beispiel, aus München und Italien nach Oberschwaben »Zugereiste« sind.

Mein erster Krimi, 2019 erschienen, beginnt in Finnland. Der aktuelle handelt zum Teil in der Toskana und auch im neuen Krimi geht mein Ermittler Carl Sopran »auf Reisen«. Dennoch haben die bisherigen Fälle, auch der neue, ihren Ursprung in der Region nördlich des Bodensees und finden hier auch ihre Auflösung.

Sie haben es soeben angedeutet, im Herbst wird das dritte Buch erscheinen. Es verspricht wieder Spannung pur. Worum wird es gehen?

Mein Ermittler, Carl Sopran, will nicht wahrhaben, dass sich seine finanzielle Lage immer bedenklicher entwickelt. Vergeblich versucht er, wieder Anschluss an seinen früheren Job als Journalist zu finden, da erhält er eine Nachricht eines ehemaligen Kollegen. Ein litauischer Kriminellen-Clan soll auf der Suche nach exklusiven Immobilien in Süddeutschland und auch am Bodensee unterwegs sein. Es ist der Clan, dem er vor Jahren bei Recherchen zu baltischen Autoschieberbanden gefährlich nahegekommen war. Während er für seinen Journalisten-Kollegen nach Hinweisen sucht, überschlagen sich die Ereignisse. Ein Paketbote verschwindet spurlos. Im aufgefundenen Transporter befindet sich ein aufgerissenes Paket, adressiert an Francesca Vianello, die Partnerin aus seinem zweiten Fall. Wenig später verschwindet ein Fahrer eines Obsttransports auf ebenso seltsame Weise. Sopran kann nicht anders, als zu ermitteln. Bald ist er etwas Entsetzlichem auf der Spur, von dem er glaubt, dass es deutschlandweit fatale Auswirkungen hätte, wenn er es nicht stoppen kann.

Gibt es schon einen Titel?

Ja. »Faule Äpfel«. Ich mag diesen Titel, weil er auf den ersten Blick vage, aber dann doch so vielsagend ist. Wer das Buch ab Oktober – es erscheint zur Frankfurter Buchmesse – liest, wird feststellen, wie zutreffend er ist. Der Apfel an sich steht als Symbol für die Region nördlich des Bodensees und der faule Apfel als Synonym für Verrottung und Verkommenheit. Wenn das nicht ein Stoff für einen Krimi ist, der zum großen Teil im Bodenseehinterland, aber auch in München, Stuttgart und im Montafon spielt. In Ravensburg findet er sein dramatisches Finale und die Story ist von höchst aktueller und Länder übergreifender Bedeutung.

Woher nehmen Sie die Inspiration und die Ideen?

In erster Linie entspringen sie meiner Fantasie. Aber die muss regelmäßig gespeist werden. Ich gehe mit offenen Augen durchs tägliche Leben und registriere auch unscheinbare Erlebnisse oder Beobachtungen. Sie sind nicht selten eine Fundgrube. Sie müssen nur mit eben dieser Fantasie eines Krimiautors angereichert werden. Meine Ideen kommen meist unvorbereitet. In Phasen der Ruhe, die ich auf einem Spaziergang oder beim »einfach nur in die Landschaft schauen« finde. Die Fülle von Informationen, die täglich von allen Seiten auf einen einprasseln, sind zwar ein unerschöpflicher Fundus, man läuft allerdings Gefahr davon überfrachtet zu werden.

Wer sind Ihre LeserInnen? Gibt es eine bestimmte Gruppe?

Menschen, die gerne Krimis lesen sind es in jedem Fall. Bei Lesungen stelle ich fest, dass ein großer Teil der Zuhörer zur Gruppe der 50+ gehört. Aber in den sozialen Medien sieht es dann ganz anders aus. Die sogenannten Follower lesen nicht alle meine Bücher, aber sie interessieren sich zumindest für meine Arbeit und dafür, was ich in meinen Posts zu erzählen habe. Von denen, die mir zum Beispiel regelmäßig auf Instagram folgen, gehören fast die Hälfte der Altersgruppe der Fünfundzwanzig- bis Fünfundvierzigjährigen an.

Was schreiben Ihnen so Ihre Fans?

Die meisten, dass sie auf den nächsten Krimi warten, kaum haben sie den aktuellen gelesen. Das Ist doch ein Ansporn.

Gibt es einen Wunsch für die eigene schriftstellerische Zukunft des Autors Helmut Jäger, wenn er ihn äußern dürfte?

Klar, den gibt es: »Möge meine Fantasie nie versiegen und mir die Freude am Schreiben erhalten bleiben.« Schön gesagt, oder?

Herr Jäger, vielen Dank und weiterhin so viel Erfolg für Ihre schriftstellerische Karriere.

(Das Interview führte Hubert Romer)

Cover von Den Tod geerbt
Carl Soprans zweiter Fall – Den Tod geerbt

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